Spätestens mit Beginn der zweiten Corona-Welle war es klar, dass es den gewohnten Karneval in 2021 nicht geben wird. Die meisten Karnevalsvereine und Veranstalter hatten bereits vorgeplant und verschiedene Konzepte für unterschiedliche Szenarien bereitgelegt. Dass es tatsächlich so sei, dass quasi gar kein Karneval stattfinden würde, hatten sicherlich viele vermutet, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Der Voerder Karnevalsverein hat sehr früh die Entscheidung gefällt, dass lieber früh genug eine gute Alternative geplant werden sollte. Die Idee, den Voerder Karnevalszug digital stattfinden zu lassen, war früh geboren, doch wie genau sollte ein solcher Aussehen?
Da war es zunächst ein glücklicher Zufall, dass der 2. Vorsitzende des Voerder Karnevalsvereins, Martin Scholz, einen guten Draht zu unserem Woodpecker Jonas hatte und schnell wurde ein erstes Zoom-Meeting mit den Verantwortlichen des Vereins sowie von Woodpecker Film vereinbart, um die ganze Idee einmal durchzusprechen.
Wie genau kann ein virtueller Karnevalszug aussehen, sodass alle Zielgruppen des physischen Karnevalszugs auf ihre Kosten kommen und gleichzeitig die Tradition früherer Züge bewahrt bleibt? Zunächst traf die Idee nicht ausschließlich auf positive Resonanz, viele Fragen wurden gestellt und es war schnell klar, dass das Thema Livestream für einen Großteil des Vereins zunächst etwas sehr neues und unbekanntes war. Doch nach verschiedenen Erklärungsansätzen und der Präsentation von Beispielen wurde die Idee nach und nach von allen immer positiver aufgenommen. Schnell wurde ein erstes kleines Konzept entwickelt, wie ein solcher Zug inhaltlich und technisch aufgebaut sein könnte. Zunächst plante das Woodpecker-Team mit einem kleinen technischen Setup und einer übersichtlichen Teamgröße, waren die Ressourcen doch begrenzt und ungewiss, ob die verschiedenen Förderer des physischen Karnevalszugs auch Interesse an der virtuellen Variante hätten.
In unzähligen Zoom-Meetings entwickelten wir gemeinsam mit dem VKV ein Sponsoren-Konzept, sodass mögliche Förderer auch innerhalb des Livestreams eine Möglichkeit hatten auf sich aufmerksam zu machen, sei es durch die Einblendung des eigenen Logos oder durch einen kurzen Werbespot. Doch auch der Inhalt kam nicht zu kurz – nach und nach wurde ein DJ-Set entwickelt, das auf dem Senatorenwagen des VKVs stattfinden sollte. Zudem sollten die umliegenden Karnevalsvereine involviert werden und es wurde um eigene Videobeiträge gebeten, die innerhalb des Streams gezeigt werden könnten. Ein Highlight sollten mehrere Live-Schalten über Zoom zu der Zugleitung darstellen, in der von verschiedenen Stationen des physischen Zugs humorvolle Beiträge ins virtuelle Studio geschickt werden. Weitere Zoom-Schalten zum Prinzenpaar, das ebenfalls verschiedene lustige Aktionen geplante hatte sowie Live-Schalten zu den umliegenden Karnevalsvereinen sollten das Konzept abrunden.
Die gemeinsam entwickelte Idee stieß auf eine sehr positive Resonanz und die Anzahl der Sponsoren stieg immer weiter an, sodass die Live-Regie deutlich vergrößert und auch das Woodpecker-Team durch die Buchung weiterer Freelancer personell aufgestockt werden konnte. Neben Jonas und Dustin, die das Projekt produzierten und sich darüber hinaus als Regisseur bzw. lichtsetzender Kameramann vor Ort verantwortlich zeigten, konnten drei weitere Kameraleute, ein Tontechniker, ein Zoom-Operator sowie eine Making of-Fotografin ins Boot geholt werden. Ein besonders großer Aufwand bestand darin die vorhandene CI des Karnevalsvereins in ein Stream-Layout zu transferieren und Vorspann, Abspann sowie zahlreiche Bauchbinden für Personen und Vereine zu erstellen. Als Livestream-Plattform wurde der Anbieter Twitch ausgewählt, da hier die Integration verschiedener Layouts sowie eines zusätzliches Spendenlinks besonders einfach und sinnvoll zu realisieren war.
Besonders schön war es zu sehen, wie sehr sich die Karnevalsfreunde darüber freuten, dass Karneval nun doch nicht völlig abgesagt wurde. Auch die lokale Presse erfuhr schließlich von dem Projekt und sowohl die WDR Lokalzeit als auch verschiedene Zeitungen und Radiosender berichteten über das geplante Vorhaben und verbreiteten den Link zum Twitch-Kanal.
Vor allem die letzten zwei Wochen vor dem Livestream waren geprägt von Planung, Planung und nochmals Planung. In täglichen Zoom-Meetings wurden die inhaltlichen Konzepte verfeinert, ein mehrstündiger Sendeplan entwickelt und die Informationen der nach und nach gebuchten Sponsorings weitergeleitet. Zwei Tage vor dem Produktionstag wurde Technik geladen und der erste grobe Aufbau im kleinen Team fand statt. Nach und nach entstand das Moderationsstudio – außerdem wurde der Senatorenwagen in die Halle geschoben und eingeleuchtet. Wichtig war von Anfang an die Beachtung des genehmigten Hygienekonzepts, die Maskenpflicht sowie die Abstandsregeln.
Einen Tag vor dem Livestream traf schließlich der Großteil des Teams ein und die letzten Kameras wurden aufgestellt und verkabelt. Das Woodepcker-Team hat sich rund drei Monate mit dem Projekt beschäftigt und es war großartig zu sehen, wie die einzelnen Bestandteile des Livestreams nach und nach zusammenkamen und ein großes Ganzes entstand. Die ersten Proben fanden statt und die Zoom-Schalten zu den verschiedenen Standorten wurden getestet. Insgesamt verlief die Probe sehr gut und der finale Testtag konnte nach Plan beendet werden. Am Abend wurde schließlich noch der finale Sendeplan fertiggestellt und jeder Inhalt minutengenau eingeplant, sodass am nächsten Tag jeder exakt wusste, wann sein Einsatz war.
Der Streaming-Tag selbst begann früh und für alle Produktionsmitarbeiter mit einem Corona-Schnelltest, der für alle negativ ausfiel. Die Technik wurde hochgefahren und das Intro ein letztes Mal geprobt. Schließlich ging der Livestream pünktlich um 10 Uhr mit einem Vorspann online und gegen 11 Uhr wurde es dann richtig spannend und die Übertragung aus dem Studio begann. Die langwierige und detaillierte Planung zahlte sich aus und der rund fünfstündige Livestream lief ohne größere Probleme und endete lediglich drei Minuten später als geplant.
Die Resonanz war phänomenal und in den Tagen nach dem Livestream berichteten erneut die WDR Lokalzeit als auch die lokalen Zeitungen über die erfolgreiche Live-Übertragung. Bis zu 2.800 Zuschauer schalteten gleichzeitig ein und sahen den virtuellen Karnevalszug – meist mit mehreren Personen vor einem Endgerät. Insgesamt zählten wir später über 26.000 Zugriffe auf den Twitch-Kanal und die Spendensumme, die deutlich höher ausgefallen ist als erwartet, sorgte dafür, dass ein Großteil der Produktionskosten wieder eingespielt werden konnte.
Das Projekt hat gut gezeigt, dass auch Veranstaltungen und Events mit langer Tradition als digitale Live-Übertragung funktionieren können, wenn die Vorteile und Unterschiede solcher Distributionsformen wahrgenommen werden.
Wir möchten uns an dieser Stelle ganz besonders bei dem Voerder Karnevalsverein bedanken, dass uns ein derart großes Vertrauen im Vorfeld entgegengebracht wurde und hoffen, so schön diese Live-Veranstaltung auch gewesen ist, dass der Voerder Karnevalszug im kommenden Jahr wieder wie gewohnt live und vor Ort stattfinden kann.